Courage ist Französisch und steht für Mut oder Beherztheit. Ganz gleich, ob man sich seinen Freunden in den Weg stellt, das erste Mal einen Baum erklimmt oder aber Fremde auf der Straße um Auskunft bittet – Mut kann viele Gestalten annehmen. Laute, auffallende, nach Aufmerksamkeit schreiende. Aber auch leise, zurückhaltende.

„Es erfordert viel Mut, sich seinen Feinden in den Weg zu stellen, aber noch mehr, sich seinen Freunden in den Weg zu stellen.“ – Albus Dumbledore

Zu den stilleren zählt die Zivilcourage, der sogenannte Bürgermut – sich für jemanden einsetzen, sie vor Angriffen schützen, ihn gegen ungerechtes Behandeln verteidigen. Dafür braucht es Aufmerksamkeit. Wachsame Augen. Offene Ohren. Anders würde man sie nicht sehen. Die Beleidigungen, Hänseleien, das aktive Ausgrenzen, das Schubsen, die Schläge. Es ist nämlich gleichgültig, ob jemand verbal, mit Worten, psychisch oder aber durch physische Gewalt zu Schaden kommt. Es geht nicht nur um die buchstäbliche Faust auf der Nase, auch Worte, Gesten können verletzen. Wahrnehmen ist ein erster Schritt. Erst dann kann eingegriffen werden. Doch genau hier hapert es. 

Wie viele stehen frühmorgens an Bushaltestellen, Bahnstationen, Fußgängerübergängen, das Smartphone in der Hand, den Blick konzentriert auf das Display gerichtet? Sie alle lesen Nachrichten, scrollen durch diverse Social Media Feeds, klicken sich auf YouTube von Video zu Video. Die Welt, ihre Umgebung haben sie dabei völlig ausgeblendet. Sie steht auf Standby. Wie ferngesteuerte Wesen bewegen sie sich durch die Menge, verpassen dabei auch mal die Grünphase der Ampel oder aber die richtige Haltestelle. Wer das Smartphone selbst einmal nicht bei der Hand hat, wird merken, dass er damit großteils alleine ist. Kaum jemand verzichtet heute noch auf sein Handy. Noch weniger, wenn es darum geht, Warte- oder Fahrtzeit totzuschlagen. Das geht sogar so weit, dass mittlerweile Werbeaktionen wie „Sei’ kein Smartloch“ der Ö3 Verkehrsredaktion geschaltet werden, die uns als Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer – egal ob Fußgänger, Auto- oder Radfahrerin – daran hindern sollen, das Smartphone in solchen Situationen zu verwenden. Wie um alles in der Welt sollen wir also bemerken, dass neben, vor oder hinter uns vielleicht jemand Hilfe braucht, wenn wir ständig an unseren Bildschirmen hängen, die Ohren unter dicken Kopfhörern begraben, selbst dann, wenn wir selbst hinter dem Steuer sitzen?

„Aus meiner Sicht ist Empathie das wichtigste, was man überhaupt braucht im Leben, damit man halbwegs miteinander auskommt.“ – Christine Nöstlinger

Das Wahrnehmen einer Situation alleine reicht noch nicht. Es braucht Empathie, also die Fähigkeit, die Gefühle des anderen zu verstehen, dessen Perspektive und Rolle einzunehmen sowie die Bereitschaft darauf zu reagieren. Sie ist einer der Grundpfeiler des menschlichen Zusammenlebens. Ohne sie ist es kaum möglich, anderen zu helfen, sich Gedanken über mögliche Auswege zu machen. Wie fühlt er sich gerade? Er, der von einer Gruppe anderer Männer angepöbelt wurde? Was könnte er brauchen? Fragen, die heute immer seltener gestellt werden, für den ersten Schritt der Zivilcourage aber unumgänglich sind.

Wir könnten also daran arbeiten. Ab und zu aufmerksam nach links und recht blicken, die eigene Umgebung beobachten, das Smartphone auch mal in der Tasche lassen. Aber auch das Einfühlungsvermögen lässt sich wie einen Muskel trainieren. Durch aufmerksames Zuhören zum Beispiel.

Ein-, aber nicht aufmischen – so gehts:
Ausstieg Rechts, ein Kurzfilm von R. Höller & B. Wenger

Quellen & Infos
Zivilcourage – feel-ok.at
Empathie: Ich weiß, wie du dich fühlst – ein Artikel der Zeit Online
Die Schattenseiten des Mitleids – ein Artikel der RP Online 

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Von: Biene

17. Juli 2018

Bild: Grafik: Christina Hauszer

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