Dem Lärm auf der Spur – wie Probehüpfen funktioniert
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Haben Sie schon einmal etwas von Probehüpfen gehört? Noch nicht? Sie haben aber mit Sicherheit schon einmal von Lärm gehört, vielleicht auch in Ihrer Nachbarschaft. Wir wollen Ihnen hier eine Methode des Friedensbüros Graz vorstellen, mit der Sie die Lärmbelästigung Ihres Nachbarn sofort ermitteln und verringern können – und das ohne gerichtlichen Beschluss.
Es ist der Alptraum jedes Bewohners: Wenn der eigene Nachbar so viel Lärm verursacht, dass man dadurch nicht schlafen kann. Doch wir Menschen brauchen Ruhe – je nach Bedarf zwischen 7 und 9 Stunden pro Nacht, manche weniger, manche noch mehr. Und wenn diese Ruhe gestört wird, kann es schon mal vorkommen, dass wir dem Nachbar gegenüber ebenfalls laut werden und die Situation eskaliert. Das Friedensbüro Graz hat regelmäßig mit Fällen zu tun, in denen es zu Problemen und Konflikten aufgrund von Lärmbelästigung durch Nachbarn kommt. Nur in wenigen Fällen wird der Lärm bewusst und mit Absicht verursacht – in vielen Fällen sind sich die Lärmenden ihrer Vorgehensweise gar nicht bewusst oder die Situation wird verharmlost bzw. nicht als solche wahrgenommen. “Der kleine Bub läuft doch nur in der Gegend herum”, “Die Kinder spielen doch nur”, “Die Tür fliegt nur ab und zu” oder “Der Hund bellt doch nur ganz selten”. Alles Sätze, die immer wieder vorkommen und die auch in Fällen des Friedensbüros gefallen sind. Einen wollen wir hier exemplarisch vorstellen.
Zuerst wollten die Beteiligten kein Gespräch miteinander führen. Der kleine Bub würde schon in der Gegend herumlaufen, aber das könne kein Problem darstellen. Die andere Frau müsse halt damit leben. Aber da das Friedensbüro Graz auch eine vermittelnde Instanz ist, ist es gelungen, beide Konfliktparteien an einen Tisch zu führen, allerdings nicht im Büro, sondern direkt vor Ort in der Wohnung der lärmenden Familie. KH und AK (Friedensbüro) haben dort ein sogenanntes Probehüpfen durchgeführt. Worum es dabei geht? Hier wird versucht, durch bewusstes Lärmverursachen alle Geräuschquellen zu identifizieren und auch zu schauen, wie der jeweils andere die Geräusche wahrnimmt und ob sie wirklich eine so große Belastung darstellen.
In diesem exemplarischen Beispiel war Frau K. bei Familie 1 (mit dem kleinen Bub) und Frau H. bei Familie 2 (die den Lärm ertragen müsse). Gemeinsam wurde versucht, die nun bewusst verursachten Geräusche wahrzunehmen und zuzuordnen. Familie 2 kann die Geräusche gut zuordnen, meint, es sei ihr einfach nur wichtig, wieder schlafen zu können. Wenn die Kinder spielen würden, sei das kein Problem, aber in der Nacht solle es ruhig sein. Die Prioritäten der Familie 2 sind klar gesetzt, sie sieht ihre Möglichkeiten klar vor Augen. Danach wird ein Beobachtungszeitraum vereinbart, in dem KH persönlich zu Familie 1 raufgeht, um die Wahrnehmungen von Familie 2 zu erklären. Familie 1 versteht nicht ganz, dass gewisse Lautstärken sehr gut wahrzunehmen sind und vor Ort kann beobachtet werden, dass der kleinere Sohn immer wieder die Tür zuschmeißt und Familie 1 darauf nicht reagiert. Familie 1 betont noch einmal, dass Familie 2 einfach mit einem gewissen Lärmpegel klar kommen muss.
Kein leichtes Unterfangen also. Im persönlichen Gespräch wird allerdings noch einmal mit beiden Seiten geklärt, was Kinderlärm und damit nicht vermeidbar ist und was hingegen schon: z. B. lautes Spielen auf der Playstation in der Nacht oder auch Ballspiele in der Wohnung. Familie 2 erklärt nach dem Beobachtungszeitraum, dass es ruhig bzw. ruhiger geworden sei und dass sie sich melden würde, wenn sich daran wieder etwas ändern sollte. Familie 1 wird rückgemeldet, dass eine Besserung eingetreten ist und alles so beibehalten werden könne. Die Hausverwaltung hat seitdem nichts mehr von beiden gehört, also wird der Fall geschlossen und in der Datenbank archiviert.
Von: Jutta
8. Oktober 2017
Bild: Jutta Dier
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