Jeder hat von ihr gehört, einige haben sich schon mit ihr beschäftigt und viele fürchten sich vor ihr – die berühmte Einsamkeit im Alter, von der immer mehr Leute betroffen sind. Was macht man denn, wenn man eines Tages wirklich ganz alleine wohnt? Kann man der Isolation denn gar nicht entgehen? Und was kann man tun, wenn man irgendwann bei alltäglichen Arbeiten Hilfe benötigt?

Wenn das Treppenhaus zum Hindernis wird

Ratlos steht Georg vor den Briefkästen seines Wohnbaus. Seine eigene Post hat er schon ausgeräumt, nur die Zeitung und ein Werbeblatt für eine neue Pizzeria, nichts Besonders. Aber der Briefkasten von Frau Weber, die auf seiner Etage wohnt, der ist noch komplett voll. Am Datum der Zeitungen, die schon förmlich überquellen, kann er ablesen, dass sie ihre Post schon seit mindestens vier Tagen nicht mehr abgeholt hat.

Jetzt, wo er darüber nachdenkt, fällt ihm auf, dass er die Pensionistin eigentlich die ganze Woche schon nicht gesehen hat. Soweit er weiß, hatte sie nicht vor, in nächster Zeit auszuziehen, Altenheime sind ihr doch so zuwider. Dass sie verreist ist, kann er allerdings auch nicht ganz glauben, wer sollte denn sonst auf ihre zwei Katzen aufpassen?

Bleibt also nur eines: Georg greift sich so viele Zeitungen und Briefe, wie er tragen kann, und klemmt sie sich unter den Arm, während er die Treppe anpeilt. Entschlossen steigt er die Stufen hoch und steuert Frau Webers Tür an, an der er auch sogleich klingelt. Im besten Fall hat sie bloß vergessen, ihre Post abzuholen und er hat ihr einen Gefallen getan. Im schlimmsten Fall-…

Hinter der Tür miaut etwas, eine der beiden Katzen. Bevor sich Georg jedoch Sorgen machen kann, dass vielleicht niemand in der Lage war, sie zu füttern, hört er schleppende Schritte, die sich der Tür nähern. Im nächsten Moment steht Frau Weber vor ihm, zwei Köpfe kleiner und um einiges schmächtiger, als er selbst.

Georg atmet erleichtert auf, ehe er sich räuspert und sie begrüßt. „Guten Morgen! Ich war vorhin beim Briefkasten und habe gesehen, dass Ihrer ziemlich voll war. Und nachdem ich Ihnen die ganze Woche noch nicht über den Weg gelaufen bin, wollte ich nur schnell nachsehen, ob alles okay ist!“

Etwas verlegen hält er ihr den Stapel, den er bis jetzt unterm Arm getragen hat, hin. Dankbar lächelnd nimmt Frau Weber ihn an, wobei einer der Briefe zu Boden segelt, über den sich sogleich die getigerte Katze hermacht.

„Vielen Dank“, antwortet sie und klingt dabei etwas verlegen. „Die hätte ich sonst beim nächsten Einkauf mit hochgenommen, das tägliche Treppensteigen in den vierten Stock wird langsam doch etwas anstrengend!“

„Wenn Sie möchten“, meint er, „könnte ich Ihren Postkasten mit ausleeren. Ich gehe ja sowieso jeden Tag hinunter.“

Frau Webers Gesicht hellt sich auf. „Das würden Sie tun? Das kann ich Ihnen doch nicht zumuten“, erwidert sie, wobei Georg allerdings sehr gut heraushören kann, dass sie nichts lieber täte, als das Angebot anzunehmen.

„Nein, ehrlich“, gibt er zurück. „Ich mache das gern, das bereitet mir keine Umstände.“

Die alte Frau vor ihm scheint fast schon zu strahlen, so sehr freut sie sie sich darüber. Georg macht sich beinahe schon Vorwürfe, dass ihm die Idee erst jetzt gekommen ist.

„Also wenn es Ihnen wirklich nichts ausmacht, dann wäre ich Ihnen sehr dankbar dafür!“, erwidert sie.

Georg winkt lässig ab. “Ich kann Ihnen gerne ab und zu eine helfende Hand leihen und gebe Ihnen am besten meine Handynummer, damit Sie sich bei Bedarf melden können.”

Eine Viertelstunde des Plauderns später – und einen Teller mit einem halben Marmorkuchen in der Hand – schlendert Georg schließlich zu seiner eigenen Wohnung weiter.

Komisch, denkt er sich, während er die Tür aufsperrt, dass ihm noch nicht früher eingefallen ist, Frau Weber seine Hilfe anzubieten. Sie hat doch sonst niemanden in der Nähe, soweit er weiß, hat sie keine Kinder, und von anderen Verwandten hat sie nie etwas erzählt. Ob sie sich wohl einsam fühlt?

Wie kann man mit der Einsamkeit im Alter umgehen?

Einsamkeit im Alter ist leider ein Phänomen, das viele Pensionistinnen und Pensionisten betrifft. Sind die Kinder erst einmal ausgezogen und ist man möglicherweise auch partnerlos, so findet man sich schnell in einer leeren Wohnung wieder, die nicht viel zur Beschäftigung hergibt. Ist man dann auch noch betroffen von körperlichen Beschwerden, so wird es einem nicht unbedingt erleichtert, sich ab und zu auch an die Öffentlichkeit zu wagen oder täglichen Aufgaben wie etwa dem Zeitungholen nachzugehen.

Glücklicherweise gibt es allerdings zu Zeiten des Internets viele hilfreiche Informationsquellen, wie beispielsweise die britische Seite Loneliness In The Elderly, die sowohl den Betroffenen, als auch den umstehenden Personen Tipps gibt, wie man die Situation verbessern kann. Das müssen keine großartigen Veränderungen sein, oft reicht es auch, ein paar Minuten seines Tages für eine Unterhaltung mit seinem älteren Nachbarn einzusparen. Sollte man die Zeit und die Mittel dazu haben, kann man auch seine Hilfe für praktische Dinge, wie etwa das Einkaufen oder das Abholen von Medikamenten anbieten.

In Graz schaffen unterschiedliche Organisationen Angebote, um der sozialen Isolation entgegenzuwirken. Die SeniorInnenvereine Graz bieten Möglichkeiten sich im kleinen Kreis zu einem Brettspielnachmittag bei Kaffee und Kuchen zusammenzusetzen, oder sich mit Personen zu vernetzen, die einen hin und wieder zu Spaziergängen begleiten. Das SeniorInnen Büro Graz führt eine Liste an Essenszustelldiensten, sowie Mittagstische, an denen man seine Mahlzeiten gemeinsam mit anderen einnehmen kann. Auch die Nachbarschafts- und Stadtteilzentren der Stadt Graz bieten eine reiches Angebot für Menschen ab 50+. Hierbei sei insbesondere auf die Angebote des Stadtteilzentrums Triester, des Mehrgenerationenhaus Waltendorf und der Grätzelinitiative Margaretenbad verwiesen.

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Von: Miriam

24. September 2018

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