Jakomini
… der Bevölkerungsreichste
Unser Blog
Wie angekündigt, mache ich mich auf den Weg durch einzelne Bezirke von Graz und lade Euch ein, mitzukommen. Beginnen will ich mit dem bevölkerungsreichsten Bezirk: Jakomini, wo ich die ersten 25 Jahre meines Lebens verbracht habe und von dem ich glaube, ihn gut zu kennen.
Bei meiner Tour durch die Bezirke plane ich, Menschen zu treffen und anzusprechen – mir bekannte, aber auch mir noch unbekannte – und sie nach ihren (Lieblings-)Platzerln zu fragen, aus der Vergangenheit und aus der Gegenwart, nach Anekdoten aber vielleicht auch nach Visionen.
Gleich zu Beginn nimmt sich Bezirksvorsteher Strobl Zeit für ein Gespräch mit mir. Auf die Frage nach seinem Lieblingsplatzerl definiert er diesen Begriff neu. Es sei nicht ein Platz, welchen er liebe, weil er so ist, wie er ist, sondern weil er ihn dazu bringe, Visionen zu haben. Dieser Platz ist genau in der Mitte des Bezirks Jakomini (von uns am Plan ausgemessen!) und solle – so seine Vision – ein Ort der Begegnung, quasi ein Zentrum werden.
Ja, genau: es geht um den Messeplatz, umrahmt von Messehalle, Styria Center und dem bald fertiggestellten Merkur-Versicherungs-Gebäude. Ein Platz, den sehr, sehr viele Menschen täglich am Weg zur und von der Arbeit queren – aber eben nur queren und nicht verweilen, weil (noch) nichts zum Verweilen einlädt.
Ein weiterer Ort, der stellvertretend für Begegnung und Dialog steht, ist das Kulturprojekt „Café Jakomini“, bei dem es sich zwar um kein Café im herkömmlichen Sinne handelt, in dem man sich mit einem guten Kaffee einer ausgiebigen Zeitungslektüre hingibt, ein Blick auf die Homepage cafejakomini.at zahlt sich aber aus: Infos über den Bezirk, Termine für Veranstaltungen und eine Plattform für Fotos und Berichte. Die Veranstaltungen finden meist in Kooperation mit dem MuWa (Museum der Wahrnehmung) und dem SMZ (Sozialmedizinisches Zentrum) statt.
Aber apropos Café: da gibt es auch noch das Gmota, Münzgrabenstraße 57, Ecke Hafnerriegel.
Das GMOTA versteht sich – ich zitiere die Homepage – als ein gemeinschaftlich betriebener, nicht-kommerzieller Nachbarschaftstreffpunkt. Es soll ein Ort sein, wo unterschiedliche Milieus, Standpunkte, Lebensweisen und Ansichten aufeinander treffen können und nachbarschaftliche Strukturen wieder aufgefrischt werden.
Nachdem ich das Gmota an einem Freitag besuche, lerne ich gleich die sich regelmäßig treffende Kleinkindergruppe kennen.
Eine weitere Möglichkeit Gleichgesinnte zu treffen oder aber auch ganz was Neues zu entdecken – je nachdem – bietet das Gmota jeden Samstag ab 19.45 an: „Essen essen“. Von einem Grazer Lokal wird gegen Abend im Rahmen von Foodsharing übriggebliebenes Essen abgeholt (und somit vor der Mülltonne gerettet) und im Gmota gemeinsam verspeist. Überbleibsel werden dann verteilt und mitgenommen, das Essen an sich ist kostenlos, für einen Beitrag zu den Mietkosten der Räumlichkeiten ist man dankbar.
Essen ist auch ein Thema in der Arbeit meiner nächsten Gesprächspartnerin. Saskia arbeitet als Pastoralassistentin in der Pfarre Münzgraben. Ein großer Bereich ihrer Tätigkeiten umfasst die Pfarrcaritas. Jeden Monat stellen sich bis zu 30 im Pfarrgebiet lebende Menschen um Lebensmittel an, zu Weihnachten werden ca. 70-80 Familien mit Lebensmitteln versorgt, bei deren Sammlung z.B. auch die FirmkandidatInnen mithelfen. Auch das ist Jakomini.
Für diese Menschen ist die Pfarrcaritas vielleicht einer jener Plätze, wo sie – was für viele schon unangenehm genug ist – um Hilfe bitten können, aber eben nicht nur wie Bittsteller behandelt werden, sondern auch ein offenes Ohr finden, nicht nur für ihre Sorgen. Bei der Lebensmittelausgabe kommt es öfters vor, dass gemeinsam überlegt wird, welches Gericht man wohl aus diesen und jenen Zutaten kochen könnte.
Nicht von hier stammend, ist der Bezirk Jakomini neu für Saskia, zeigt sich aber bald in seiner ganzen Vielfalt. Die Spannbreite von Substandard-Wohnungen zu stylisch-renoviertem Altbau, von „immer schon dagewesenen“ Gasthäusern zu coolen Studentenbeisln, von alt-eingesessenen BewohnerInnen zu „frisch-Zuagrasten“ – von wenig bis sehr weit weg -, vom Friedhof bis zum Gefängnis, ist gewaltig.
… mehr von den Menschen aus dem Bezirk dann nächste Woche
zum Weiterlesen:
Von: Heidi
23. Januar 2019
Bild: Stadthalle Graz ©MCG, Krug
„50 shades of Graz“ oder „wie ich meine Heimatstadt neu entdecke“
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