Warum eine Schnitzeljagd meistens nichts mit einem Schnitzel zu tun hat, aber manchmal eben doch. Ein Selbstversuch

Im Rahmen einer Schnitzeljagd quer durch die Grazer Altstadt versucht das Welthaus der Diözese Graz-Seckau die Zusammenhänge zwischen Fleischkonsum und Klimawandel aufzuzeigen. Was man dazu braucht? Nur ein Smartphone und vielleicht ein paar Leute, die mitmachen.

Also frage ich meine Kollegin Ursi, nicht nur, weil sie im Gegensatz zu mir ein Smartphone besitzt, sondern eben auch wegen netter Begleitung und so. An einem kalten, regnerischen Tag machen wir uns auf den Weg.

Oder besser gesagt, versuchen wir das “Sich-auf-den-Weg-machen” möglichst lange hinaus zu zögern, indem wir das Spiel noch im Büro starten. Tatsächlich können wir die ersten Fragen gemütlich im Warmen sitzend beantworten, aber schon bald ist etwas gefragt, was man auch bei intensivster Google-Map Handhabung nicht finden kann. Heißt also: raus in Regen und Kälte und rein ins Vergnügen.

Die zu lösenden Aufgaben bestehen aus informativen Texten mit inhaltlichen Fragen und damit verbunden wird man durch die Innenstadt geschickt, um gewisse Bauwerke zu finden. Und ich kann nur sagen: man lernt nie aus! Zuviel will ich aber nicht verraten.

Begleitet wird man vom Trüffelschwein Ferdinand, das zu allem seinen Kommentar abgibt und dem man quasi hilft, einen Schatz zu finden.

Aufgrund der Komplexität dieses Themas sind natürlich auch die informativen Texte etwas länger, was die Altersempfehlung “ab 14” rechtfertigt. Jüngere sollen sich davon aber bitte nicht abhalten lassen, auch mitzumachen.

Am Ende gibt es dann eine Auswertung samt Rangliste, benötigter Zeit (wir brauchen nicht ganz eine Stunde), gesammelter Punkte etc. Ob man das Ergebnis dann bei einer Schnitzelsemmel feiert oder eher doch nicht, sei jedem Menschen selbst überlassen.

Wie funktioniert´s?

1. Actionbound-App im App Store oder Google Play bzw. auf http://de.actionsbound.com kostenlos herunterladen

2. QR-Code rechts mit der Actionbound-App scannen

3. Und loslegen! Viel Spaß!

Und wie ich mich da so im Rahmen eines Spiels durch die Innere Stadt bewege, kommt mir Ludovico in den Sinn, seit Jahrzehnten ganz bestimmt für viele, viele Menschen, unabhängig von Alter, Geschlecht und Herkunft ein Lieblingsplatzerl. Ludovico ist eine Ludothek am Karmeliterplatz 2, ein Ort, an dem man Spiele ausprobieren, ausleihen, mit anderen spielen kann.

In den letzten Jahren, so erzählt mir ein Mitarbeiter, habe sich vieles geändert: sowohl die Art der Spiele und des Spielens als auch die Spielerinnen und Spieler. So fällt auf, dass sich auch immer mehr Erwachsene gerne zusammensetzen, um zu spielen. Man könnte sagen, die spielbegeisterten Kinder von damals sind groß geworden. Diese Veränderung macht sich sogar bei der Spielentwicklung bemerkbar, so orientieren sich immer mehr Brettspiele an Erwachsenen. Falls sich in diesem Zusammenhang jemand denkt: “ich tät ja gerne, aber ich hab niemanden, der mitspielt” , der sei auf die (kostenlosen) Stammtische von Ludovico verwiesen. Jeden ersten Donnerstag werden Brettspiele und jeden dritten Donnerstag Videospiele von 19.00 bis meist Mitternacht gemeinsam gespielt. Was die Auswahl der Spiele betrifft, reicht diese von nostalgisch bis aktuell.

Aber keine Sorge, Ludovico versteht sich als ein Ort, an dem die Jugendkultur als Kultur gesehen und als solche wertgeschätzt wird. So gibt es immer noch mehr als genug Spiele auch für die Jüngeren. Und das Tolle ist, man kann sich einfach in die Ludothek setzen und spielen, ohne Anmeldung und ohne Kosten – erst das Ausleihen eines Spieles ist mit einer Gebühr verbunden.

Schön sei auch zu beobachten, wie sich Trends entwickeln: so haben Kinder mit Migrationsgeschichte quasi eine Renaissance des Schachspiels eingeleitet, das in vielen Heimatländern dieser Kinder als Traditionsspiel gilt. Viele von ihnen kommen zwar ursprünglich, um Fifa-Videogames zu spielen, versuchen sich aber dann doch auch einmal in diesem alten Brettspiel. Und siehe da, schon zeigt sich, dass ein gutes Miteinander von Video- und Brettspielgruppe möglich ist.

Einen Spieletipp habe ich auch bekommen: “Mysterium”, ein kooperatives Spiel, in dem die BewohnerInnen eines Hauses, in dem eine Person gestorben ist, gemeinsam versuchen, mit deren Geist zu kommunizieren, um heraus zu finden, wie sie verstorben ist. Der Geist kann dies jedoch nur mittels abstrakter Bilder (auf Kärtchen) tun. Es geht also viel um Kommunikation, aufeinander-Hören und gemeinsam-ums-Eck-Denken. Viel Spaß!

…. sorry, das ist noch immer nicht jener Geist, den ich versprochen habe ….

Auf der Homepage von Ludovico ist folgendes zu lesen:

“Mit Ludovico gewinnst du immer. Spielen findet immer und überall statt. Und es geht um weit mehr, als um das Ermitteln von Siegern und Verlierern. Vielmehr sollten nach einem guten Spiel alle Beteiligten das Gefühl haben, Gewinner zu sein – vielleicht nicht im Sinne der Regeln, aber auf jeden Fall als Menschen.”

Last but not least möchte ich noch jemanden zu ihren Lieblingsplatzerln befragen: es ist Frau Ludmilla Haase, seit 32 (!) Jahren Bezirksvorsteherin des Bezirkes Innere Stadt und begeisterte Bewohnerin desselben. Und obwohl Bezirksrats-technisch ein Urgestein wirkt Frau Haase doch sehr jung geblieben, ist sie doch wild entschlossen, mit ihren Enkerln die Schlossbergrutsche auszuprobieren.

Als Bezirksvorsteherin hat sie aber auch mit Anfragen und Themen zu tun, die eventuell weniger erfreulich sind. So sind die Menschen lange Zeit aus der Inneren Stadt weggezogen (die derzeitige BewohnerInnenzahl in Höhe von 3.160 ist nur mehr ein Zehntel von jener vor dem 1. Weltkrieg), viele Wohnung stehen leer. Und nachdem gerade die Innere Stadt gerne als Touristik-Aushängeschild fungiert, sind Menschen, die auf der anderen Seite der Gesellschaft gelandet sind, oft ein Thema, seien es die Punks vor dem Billa am Hauptplatz oder die Bettler in der Herrengasse.

Über die Lieblingsplatzerln muss sie nicht lange nachdenken: der Schlossberg zählt neben dem Cafe Freiblick am Kastner&Öhler auf alle Fälle dazu, Gäste führt sie auch ins Joanneumsviertel, wo sich ganz besonders gut in der Sonne sitzend ein Kaffee genießen läßt. Graz sei einfach wunderschön und charmant und gerade groß genug, so findet Haase, dass sich jeder kennt, aber nicht täglich trifft.

 

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Von: Heidi

26. März 2019

Bild: Andrea Penz

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