„Du mobbst mich“ hört man mittlerweile, wenn ein junger Mensch die Gummibärchen nicht angeboten bekommt,  einmal nicht zu einer Party eingeladen wird oder die Hausaufgabe nicht abschreiben darf.

„Du bist ein Rassist“ wird gelegentlich nachgeschoben, wenn eine Bettelei um Geld abschlägig beantwortet wird oder man jemanden darauf hinweist, dass zu lautes Telefonieren im Bus störend ist. Als Rassismus wurde schon allein die Frage nach „Woher bist du?“ bezeichnet.

Als Gewalt wird bezeichnet, wenn ein Lehrer einen Schüler an der Schulter aus der Tür schiebt, oder als Hassposting, wenn die Meinung in einem Forum nicht geteilt wird.

Alle diese Aussagen drücken eine unangenehme Erfahrung aus und alle haben in diesen Situationen gemein, dass diese Erfahrung subjektiv emotional begründet ist. Es ist offensichtlich eine Entwicklung dieser Zeit, dass das individuelle subjektive Empfinden für die Bewertung einer Situation und insbesondere von Gewalt herangezogen wird und auch erwartet wird, dass andere Menschen diese Interpretation übernehmen.

Gewalt ist aber tatsächlich etwas anderes. Die WHO definiert:

Gewalt ist der tatsächliche oder angedrohte Gebrauch von physischer oder psychischer Kraft oder Macht, die gegen die eigene oder eine andere Person, eine Gruppe oder Gemeinschaft gerichtet ist und die tatsächlich oder mit hoher Wahrscheinlichkeit zu Verletzungen, Tod, psychischen Schäden, Fehlentwicklung oder Deprivation führt.

Gewalt sind bedrohliche Handlungen, die des Schutzes in Form von Zivilcourage oder behördlichem Eingreifen erfordern, wenn der oder die Betroffene sich selbst nicht ausreichend schützen kann.

Deshalb wäre es gut, die Begriffe nicht zu vermischen.

Unangenehme Erfahrungen gehören zum Leben und jeder erlebt, dass man nicht immer mitgedacht wird, nicht überall dabei sein kann und nicht alles bekommt, was man sich wünscht. Vorurteile sind oft nicht angenehm, aber sie sind eben Vorurteile und keine Gewalttaten.

Mobbing, Rassismus, Nötigung, Misshandlung etc. sind gemäß ihrer Definition massive Gewaltformen, die beträchtliches Leid erzeugen. Es wäre sinnvoll, die Begriffe so zu verwenden, wie sie definiert sind und sie damit als rote Signale zu erhalten, die Schutz und Hilfe aktivieren.

Eine schlimme Vision ist eine Gesellschaft von wehleidigen Menschen, die die subjektive Kränkung oder Willensverhinderung als Maßstab für Gewalt verwendet und damit einen natürlichen Umgang miteinander verhindert.

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Von: Jutta

17. April 2023

Bild: Alexa auf Pixabay

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