Was ist, wenn wir unsere Innere Freiheit leben?
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… dann sind wir in Kontakt mit uns selbst und entscheiden frei. Das klingt zunächst banal. Nach dem Philosophen Immanuel Kant, verlangt uns diese innere Freiheit jedoch die Fähigkeit ab, unsere Affekte zu zähmen und unsere Leidenschaften zu beherrschen.
Dieser Gedanke wird uns im Folgenden begleiten, wenn es darum geht das eigene Zutun zur schlechten nachbarschaftlichen Beziehung zu beleuchten. Ein vielleicht bekanntes Szenario: die Nachbarin kommt abends von der Arbeit nach Hause und hört lautstark Musik. Sie behauptet, sie brauche das, um den Tag ausklingen zu lassen und ist davon überzeugt, die Lautstärke halte sich im Rahmen des Erlaubten. Immerhin gäbe es sonst niemanden im Haus, der sich beschwert. Und dann plötzlich wieder dieser dumpfe brummende Bass, der durch die Wand und mir durch Mark und Bein dringt. Mit den Fäusten gegen die Wand schlagend schreie ich: „Sie egoistische, rücksichtslose Person… ich werde Sie….“ Eine Schimpftirade als Reaktion auf eine wahrgenommene Verfehlung der Nachbarin. Der Reiz ist gesetzt. Die Reaktion darauf meist eine automatisierte Abfolge an vorhandenen Mustern. Manchmal führt es zu einer Eskalation des Konflikts, der Kopf und der bewusste Wille setzen erst danach wieder ein. Und allzu oft tut es uns leid. Es hinterlässt ein ungutes Gefühl. Aber man ist davon überzeugt, die Nachbarin trägt die Schuld für das eigene Verhalten. Denn würde sie nicht….., käme man selbst gar nicht auf die Idee… Aber STOP! So einfach ist das nicht. Wir tragen immer die Verantwortung für unser Verhalten und haben die Wahl, wie wir auf Reize reagieren. Diese innere Freiheit zeigt Dschalāl ad-Dīn Muhammad Rūmī bereits im 13. Jhdt. auf:
„Zwischen Reiz und Reaktion gibt es einen Raum. Nur dort kann Begegnung stattfinden. Zwischen Reiz und Reaktion gibt es einen Raum. Nur dort findet Heilung und Entwicklung statt. Zwischen richtig und falsch gibt es einen Ort. Dort werden wir uns begegnen.“
Rumis Worte beschreiben auf sehr hoffnungsvolle Art und Weise, dass wir nicht Opfer unserer eigenen Muster sind, sondern wir stets die Freiheit haben diese zu durchbrechen. Konstruktivistisch betrachtet sind unsere Wahrnehmungsmuster Ergebnis unserer Erfahrungen. Wir machen uns die Welt daher auf eine subjektive Weise zugänglich und können ausschließen, dass die von uns festgestellte Wirklichkeit, die einzig wahre ist. Paul Watzlawick schreibt in seinem Buch Wie wirklich ist die Wirklichkeit:
„Der Glaube, dass es nur eine Wirklichkeit gibt, ist eine gefährliche Selbsttäuschung. Es gibt viel mehr Auffassungen von der Wirklichkeit, die sehr widersprüchlich sein können. Alle Auffassungen sind das Ergebnis von Kommunikation und nicht der Widerschein ewiger, objektiver Wahrheiten.“
Watzlawicks Erkenntnis ist auch für den Umgang des nachbarschaftlichen Streitgesprächs von Bedeutung. Wenn wir das Bewusstsein einer veränderbaren Wirklichkeit haben, so können wir auch unsere Möglichkeiten, frei auf äußere Reize zu reagieren, anerkennen. Wir sind nicht mehr gefangen in spontanen bzw. unkontrollierten Emotions- und Wutausbrüchen, sondern erfahren neue Perspektiven, die es ermöglichen, dass wir unserem Gegenüber wohlwollender und offener begegnen.
Es wäre schön, wenn bereits einzig und allein dieses Bewusstsein zur inneren Freiheit führt. Dem ist leider nicht so. Denn alles Leben ist Übung. Dabei ist auch das liebevolle Annehmen von Rückschlägen in alte Muster genauso essenziell für den Fortschritt, wie das Erlernen neuer Angewohnheiten, die die innere Freiheit nähren und stärken.
Innere Freiheit zu erlangen, geht nicht von heute auf morgen. Es ist ein lebenslanger Weg.
In Bezug auf den oben genannten Nachbarschaftskonflikt hilft es sich zu fragen: Welchen Handlungsimpuls habe ich, wenn ich zum wiederholten Male den dröhnenden Bass höre? Und welche weiteren Handlungsoptionen stehen mir zur Verfügung? Antworten auf diese Fragen liegen nicht immer auf der Hand. Manchmal hilft ein unterstützendes Gespräch. Dafür steht Ihnen das Nachbarschaftsservice gerne zur Verfügung.
Von: Anna
6. März 2024
Bild: von Jeffery Erhunse auf Unsplash
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