30 Tipps für ein friedliches Zusammenleben
Schau hin, nicht weg!
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Auch das Hinsehen braucht Übung. In einer Welt, in der täglich mehrere tausend Werbebotschaften auf uns einprasseln, das Handy ein fixer Bestandteil unseres Lebens ist und wir durchschnittlich alle 18 Minuten online gehen, kann es anfangs schwerfallen, den Blick von alledem abzuwenden. Wir haben verlernt, einfach nur da zu sitzen, unsere Umgebung genau zu beobachten. Doch exakt das braucht die Zivilcourage – Aufmerksamkeit und den Mut, einzugreifen. Von alleine kommt das alles nicht. Es bedarf Übung, muss wie ein Muskel immer und immer wieder trainiert werden. Schritt für Schritt. Und genau dafür folgt hier nun eine kleine Anleitung, ein Vorschlag, wie Zivilcourage funktionieren könnte.
Fünf Schritte für den kleinen Mut
An erster Stelle steht die Wahrnehmung. Es braucht offene Ohren, wache Augen, die Fähigkeit, sich in andere hineinzuversetzen um Dinge zu erkennen, die vielleicht gerade nicht so laufen, wie sie es sollten. Dabei ist genaues Hinsehen wichtig. Denn nicht immer ist die Situation offensichtlich. Nicht immer geht es darum, bei einer eindeutigen Schlägerei dazwischen zu gehen. Auch Schubsen, sich Vordrängeln, jemanden an den Haaren ziehen, sind Formen der Gewalt. Ein Stück weit schwieriger ist es bei verbalen Übergriffen. Auch sie können verletzen, sind aber auf Grund ihrer Art bei weitem nicht so eindeutig als Gewalt identifizierbar. Da geht es um Gerüchtestreuen, Hänseleien, Beleidigungen hinter vorgehaltener Hand. Genau dafür braucht es Aufmerksamkeit, die Fähigkeit, wachsam zu sein.
Im zweiten Schritt geht es um die Analyse der Situation, um die eigenen Werte, darum, zu entscheiden, ob das eben Gesehene den eigenen Vorstellungen des Zusammenlebens widerspricht oder nicht. Ist es richtig, wie er sie gerade behandelt? Entspricht es meinen eigenen Werten? Hat sich die ältere Dame nicht doch im Ton vergriffen? Geht man so miteinander um? Das alles geschieht unterbewusst, ohne dass wir viel darüber nachdenken müssen. Und meist ist es dieses eine Gefühl, das uns zu verstehen gibt, dass etwas gerade nicht ganz unseren Werten und Normen entspricht.
Der dritte Schritt ist eng mit dem zweiten verknüpft. Die persönliche Verantwortung kommt ins Spiel und mit ihr die Frage, ob ein Handeln, ein Eingreifen notwendig ist. Dabei gilt es, zu differenzieren. Nicht alles was wir sehen, hören, fällt in unseren Zuständigkeitsbereich. Es gibt auch Dinge, die uns nichts angehen. Denn die persönliche Verantwortung hört genau da auf, wo die der anderen anfängt. Wenn ein Vater also sein Kind zur Rechenschaft zieht, weil dieses gerade alleine über die Straße laufen wollte, so ist das seine Sache. Es geht uns nichts an. Wenn aber eben dieser Vater sein Kind deshalb verprügelt, dann ist genau hier eine Grenze überschritten. Dann geht es um Gewalt, um unsere Verantwortung dem Kind gegenüber.
Der vierte Schritt ist wohl einer der steinigsten. Der Weg bis dahin mag holprig sein, sehr viel Mut fordern. Doch mit jedem Passieren fällt das Gehen leichter. Es geht um die Entscheidung zur Handlung, darum die Bühne der Öffentlichkeit zu betreten, offen zu zeigen, dass man dagegen ist. In unserer heutigen Leistungsgesellschaft haben wir verlernt, nach links und rechts zu blicken, auf andere zu achten, auch mal gegen den Strom zu schwimmen. Wir haben Angst vor dem Anderssein. Doch genau das haben wir bitter nötig. Es braucht Menschen, die aufstehen, offen ihre Meinung sagen, auch wenn sie damit erst einmal alleine dastehen. Wie kann man also helfen, eingreifen?
Ist diese Entscheidung erst einmal getroffen, folgt der fünfte Schritt, die tatsächliche Handlung. Dafür ist keine Heldentat nötig, keine Superman-aktion. Es reicht oft eine kleine Tat, es kann etwas ganz Banales sein, etwas das sichtbar macht: ICH pack das jetzt an, ICH greife da ein, ICH schau nicht länger zu. Dem alten Herrn die Hand reichen, sich neben das verschüchterte Mädchen hinsetzten, die Stimme erheben, andere Menschen zu Hilfe rufen. Ausdauer, aktiv zu seiner Meinung stehen und Beharrlichkeit können dazu beitragen, eine Situation zu verändern. Manchmal bedeutet so eine Tat eine große Herausforderung, manchmal schwingt sogar Angst mit und das ist gut so. Angst hilft dabei, Situationen einzuschätzen, mit Bedacht die geeignetste Handlung auszuwählen.
Dieser kleine Mut kommt nicht von selbst, diesen kleinen Mut kann man üben. Jeden Tag einen kleinen Schritt weiter. Vom aufmerksamen Wahrnehmen bis zur Handlung. Üben können das alle, das kleine Mädchen, der junge Bursche, die rüstige Dame, der sportliche Herr, du, ich, wir alle!
Quellen und Infos:
Zivilcouragiertes Handeln nach Gerald Meyer in 5 Phasen
Nur Mut! So lernen Kinder Zivilcourage
Von: Biene
2. August 2018
Bild: Grafik: Christina Hauszer
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