30 Tipps für ein friedliches Zusammenleben
Schweigen hilft nicht immer.
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Wie oft haben wir ihn gehört, irgendwann verinnerlicht, später vielleicht sogar selbst gepredigt? Omas Lieblingsspruch, der Leitsatz vieler Professorinnen und Professoren und bestimmt auch eine von Knigges wichtigsten Verhaltensregeln – Reden ist Silber. Schweigen jedoch Gold. Eine Annahme, wonach das Stillsein im Umgang mit anderen besser wäre, einen höheren Stellenwert besäße, uns weiter brächte, als das andauernde Diskutieren, das viele Reden und ständige Mundaufmachen. Es ist ein Sprichwort, das uns seit jeher begleitet. Ein Leitsatz, der die Gesellschaft in der einen oder anderen Weise geprägt hat, jedoch nicht immer hilfreich war und es auch heute nicht ist.
Es gibt Situationen, die das Mundaufmachen, das Ansprechen von Dingen sogar erfordern, Momente, in denen uns das Reden weiter bringt, als das vielzitierte Schweigen. Meinungsverschiedenheiten zum Beispiel. Missverständnisse, Unstimmigkeiten. In solchen Situationen kann ein klärendes Gespräch wahre Wunder bewirken. Denn nur wer den Mund aufmacht, die Dinge beim Namen nennt, mögliche Probleme anspricht, kann vom Gegenüber auch verstanden werden. Doch nicht immer ist es uns möglich, ein klärendes Gespräch zu suchen. Manchmal ist es komplizierter, die Situation verzwickt. Da scheint der gemeinsame Ausweg mit einem Mal verbaut, der eingeschlagene Weg in einer Sackgasse zu münden.
Mediation mit nur einem „t“ – nein, das hat nichts mit „Meditation“ zu tun!
Wer es nicht alleine schafft, kann sich Unterstützung holen. Hilfe von Menschen, die vermitteln, Menschen die versuchen, in einem Streit alle Seiten zu beleuchten, gemeinsam einen neuen Weg zu finden. Ein solches Verfahren nennt sich Mediation. Mediation mit nur einem „t“. Sie ist ein Instrument der Konfliktlösung, bei dem eine weitere Person versucht, zwischen den Streitenden zu vermitteln. Dazu braucht es jedoch die Einverständniserklärung aller Beteiligten. Alle müssen dieser Form der Konfliktlösung zuvor zugestimmt haben. Nur dann, kann eine Mediation überhaupt erst durchgeführt werden. Die vermittelnde Person bestärkt alle Streithähne und/oder -hennen zu Beginn dazu, die eigenen Bedürfnisse, Interessen und Wünsche zu formulieren. Dabei werden Geschehnisse offen und ehrlich aus der eigenen Perspektive erzählt. So fällt es den anderen leichter, das Verhalten des Einzelnen zu verstehen, die Vorkommnisse der Vergangenheit besser nachzuvollziehen. Gemeinsam wird im Anschluss nach einer Lösung gesucht. Eine Lösung die für alle in Ordnung geht und möglichst dauerhaft Bestand hat.
Doch auch eine Mediation kann an ihre Grenzen stoßen. Vor allem dann, wenn es dabei um einen Konflikt zwischen unterschiedlichen Kulturen geht. Da gibt es Verhaltensweisen, Wert- und Normverständnisse die sich stark von einander unterscheiden; Menschen, die unter dem uns bekannten Kopfschütteln etwas völlig anderes verstehen; Kulturen, in denen Blickkontakt verpönt ist. Und nicht überall wird die für uns als völlig logisch erscheinende Kommunikationsregel des „Einander Ausreden-Lassens“ als Zeichen des Respekts verstanden. In anderen kulturellen Kontexten gilt eben das als Zeichen des Desinteresses. Aber nicht nur Mimik und Gestik, können eine Mediation zwischen unterschiedlichen Kulturen erschweren. Auch die Art zu denken, also ob jemand stärker nach Gemeinschaftswohl und Harmonie strebt, oder aber gelernt hat, die eigene Freiheit und Autonomie zu verteidigen, kann zu Konflikten führen. Aus diesem Grund ist es wichtig, die Verhaltensweisen, Wert- und Normvorstellungen aller Beteiligten zu Beginn der Mediation kennenzulernen um so Missverständnisse aus dem Weg zu räumen. Wie macht ihr das? Was versteht ihr darunter? Ist das bei Euch auch so? Das gilt sowohl für die Streitenden als auch für die Schlichtenden. Auch sie müssen sich davor ein Bild machen. Vom Konflikt im Allgemeinen. Vom kulturellen Kontext aller beteiligten im Speziellen.
Streitschlichter ist nicht gleich Streischlichterin. Das ist klar. Doch auch unabhängig vom Geschlecht finden sich immer wieder Unterschiede in der Rolle der vermittelnden Person. Während ihr in Österreich meist eine neutrale Funktion zufällt, also nur Menschen in Frage kommen, die weder in den Konflikt involviert, noch mit den Streitenden bekannt sind, werden in anderen Ländern die Dorfältesten zu Rate gezogen. Es gibt Kulturen, da wird die Frau, in ihrer Rolle als Lebensspenderin, zur geborenen Schlichterin bei Streitereien innerhalb der Familie. Männer hingegen sind für Konflikte „zuständig“, die sich außerhalb der vier Wände zutragen. In manchen Ländern streitet man öffentlich. Da werden Passanten, Nachbarinnen, Straßenverkäufer zu Zeugen und möglichen Vermittlerinnen. Anderenorts wiederum fällt einem höher stehen Dorfbewohner oder dem ältesten Familienmitglied die Aufgabe des Vermitteln zu.
Es ist nicht überall gleich. Nicht so, wie wir es vielleicht gewohnt sind. Mit über sieben Milliarden Menschen, Individuen weltweit wäre das auch gar nicht möglich. Es wird immer wieder Reibungspunkte, Dinge geben, die wir auf den ersten Blick nicht sofort nachvollziehen, verstehen können. Doch genau deshalb ist es wichtig, miteinander zu reden, sich aufzuklären, einander zuzuhören und gemeinsam an einer neuen Lösung zu feilen. Ob mit oder ohne vermittelnde Person, Neutral, weise, alt, Frau, Mann – jeder Konflikt ist anders und muss einzeln betrachtet und geklärt werden. Das Wissen, dass es dafür mehrere Möglichkeiten gibt, kann auch Mut machen.
Quellen
Mediation, Konfliktlösung
Mediation im kulturellen Kontext, die Rolle von Kultur
Über die Konfliktkulturen Afrikas
Von: Biene
16. Oktober 2018
Bild: Grafik: Christina Hauszer
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