Ich habe bewusst im Titel die Vielfalt quasi noch einmal vervielfältigt. Der Bezirk Gries ist nämlich ein gutes Beispiel dafür, was nicht so alles in einem Bezirk Platz hat und zu einem bunten Miteinander führt.

Ganz egal, ob es um die Herkunft der Bewohnerinnen und Bewohner, um die Räumlichkeiten der Kultur-, Religions- und Glaubensgemeinschaften (Synagoge, muslimische Gebetshäuser, Altkatholiken, Baptisten, Buddhisten, diverse Kulturvereine, …), um kulinarische Köstlichkeiten oder um „öffentliche Einrichtungen und Gebäude“ (Justizanstalt Graz-Karlau, Zentralfriedhof, Albert Schweitzer Klinik, …) geht – man könnte fast sagen, in Gries ist von allem was dabei.

Diese Vielfalt in Gries ist historisch bedingt. Im ersten Bezirk, von der schützenden Stadtmauer umgeben, wohnen ursprünglich die feinen Bürgersleut. Auf der anderen Seite der Mur leben die Menschen nicht nur in kleineren, niedrigeren, ärmlicheren Häusern, sondern es befinden sich dort auch Einrichtungen wie Kasernen, Spitäler, Gasthäuser und Herbergen, Theaterspielstätten, rauchende, feuergefährliche, lärmende oder übel riechende Produktionsstätten.

So hat man also alles was zu viel Platz braucht, Lärm oder Gestank erzeugt oder eventuell gegen gute Sitten verstoßen könnte zumindest einmal soweit verbannt, dass wenigstens ein Fluss dazwischen liegt.

Aber schon damals ist auch Leben in diesem Griesviertel, welches nach dem Gries, einem feinen mit Sand vermischten Flussschotter benannt ist und sich Stück für Stück vom Lendplatz aus in Richtung Karlau ausbreitet. Die Murschifffahrt – am Entenplatz (Nikolaiplatz) war eine Anlegestelle der „Murdampfschifffahrts-Unternehmung“ – die aktuell wieder zum Thema wird, ist damals  jedoch im wahrsten Sinne des Wortes untergegangen: der Passagierdampfer „Styria“ rammt nach einer Reihe von Zwischenfällen in der zu seichten und schnellen Mur 1889 die damals hölzerne Radetzkybrücke und sinkt, sechs Menschen sterben. Das Schwesternschiff „Graz“ kentert 1890 bei der Puntigamerbrücke.

Zurück zum Leben:ein Ort, wo diese Vielfalt ge- und erlebt wird, ist der Interkulturelle Bildungsgarten . Auch hier geht es alles andere als eintönig zu: nicht nur die Kinder, auch die PädagogInnen kommen aus verschiedenen Ländern, das Essen wird von Zivildienern gekocht, die Kinder sind nicht in Gruppen eingeteilt, sondern können selber aus mehreren Programmangeboten (z.B. Filzen, Garten, Turmbauen im Turnsaal, tanzen, …) auswählen und seit Neuestem bekommt jedes Kind bei Eintritt in den Bildungsgarten seine ganz persönliche Puppe, die dem jeweiligen Kind – was Haare, Haut- und Augenfarbe, Lieblingsgewand betrifft – nachempfunden ist.

Dieser Ort zählt für viele junge Menschen seit vielen Jahren zu deren Lieblingsplatzerl. Dessen bin ich mir deswegen so sicher, weil auch mein Kind vor vielen Jahren diesen Bildungsgarten besucht hat. Und an der Freude von ihr und ihren FreundInnen von damals, wenn sie als große Ehemalige zu Veranstaltungen wie Weihnachtsbazar oder Sommerfest wieder in ihren Kindergarten zurückkommen und von den PädagogInnen liebevollst begrüßt werden, läßt sich erkennen, wie diese Zeit sie geprägt hat.

Als Lebensader kann man auch durchaus die Reichs-Commercial-Haupt- und Poststraße bezeichnen, die im historischen Graz durch die Wienerstraße, über den Lendplatz, durch die Mariahilferstraße, die Griesgasse, die Karlauerstraße und die Triesterstraße verläuft. Ist sie doch der Grund für ein ständiges Kommen und Gehen. Neuankömmlinge in der Stadt siedeln sich zuerst hier an, es gibt Jobs und vielleicht hat man das Glück, sich soweit hochzudienen, dass man für würdig und wert befunden wird, innerhalb der Stadtmauern aufgenommen zu werden. Das war damals so und ist heute nicht viel anders. Aber dieses Kommen und Gehen stellt für manche Menschen, die schon lange hier leben, eine große Herausforderung dar. Sie kommen im wahrsten Sinne des Wortes nicht mehr mit, es ist keine Zeit mehr, jemanden langsam kennen zu lernen, sich vertraut zu machen, sich an etwas zu gewöhnen. Es stürmt ganz viel Neues und Fremdes in kurzer Zeit auf sie ein und das überfordert und macht Angst.

Aber auch in Gesprächen mit Menschen, die nicht in diesem Bezirk wohnen, ist er zu spüren, dieser Unterschied, den eine Ziffer in der Postleitzahl ausmacht: 8020!

Manche Menschen haben regelrecht Angst vor – ja, vor was eigentlich? Eine Freundin, die den Bezirk sehr gut kennt, da sie höchst interessante und kurzweilige Führungen durch selbigen macht, erzählt mir von diesen Vorbehalten mancher ihrer KundInnen. Es sei oft schade, dass diese Menschen nicht neugierig genug sind, das Interessante entdecken zu wollen.

Ich hoffe nun aber, die Neugier meiner LeserInnenschaft geweckt zu haben und freu mich, in meinem nächsten Eintrag weitere Platzerln und Lieblingsplatzerln im Bezirk Gries vorstellen zu dürfen.

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Von: Heidi

18. Februar 2019

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