… und ein Bezirk, der in letzter Zeit öfter ins Licht der Öffentlichkeit gerückt ist.

Einer der Gründe ist die neu errichtete Gedenktafel für das Lager Liebenau, einer Stätte, an der es zu Zeiten des NS Regimes zu massivsten Gräueltaten gekommen ist und sehr viele Menschen ihr Leben verloren haben. Eingebettet ist diese Gedenktafel in ein Areal, das nach einer Zeitzeugin, Frau Maria Cäsar, benannt ist. Diese bemerkenswerte Frau war zeitlebens darum bemüht, gegen das Vergessen anzukämpfen und durch ihre Geschichte besonders der Jugend die Wichtigkeit und Bedeutung von Freiheit, Demokratie und Zivilcourage zu vermitteln. Wenn ich solche Gedenkstätten sehe und erlebe, wird mir immer wieder bewusst: die Vergangenheit können wir nicht mehr ändern, aber wir haben es in der Hand, wie damit umgegangen wird, was wir und die nächste Generation daraus lernen können/sollen – nein: müssen(!), und worin unser Anteil und damit unsere Verantwortung besteht, dass sich so etwas nicht wiederholt.

Aber noch ein weiterer Ort in Liebenau wird gerade umgestaltet und nach einer Person benannt, die aus der Geschichte der Friedens- und Frauenbewegung nicht wegzudenken ist: Bertha von Suttner.  Als Journalistin wusste sie die Macht des Wortes zu nutzen, um Menschen aufzurütteln, sich für Frieden und gegen Krieg einzusetzen. Dafür bekam sie 1905 den ursprünglich von ihr angeregten Friedensnobelpreis verliehen.

Der nach dieser beeindruckenden Frau benannte Platz vor dem Stadion Liebenau soll in Zukunft zum Verweilen einladen. Geplant ist, dass an einer Stelle von Graz, an der täglich 25.000 Menschen von der Autobahn kommend in die Stadt einpendeln, Raum geschaffen wird: für spielende Kinder, zum Ausrasten im Schatten von Bäumen, für einen Bauernmarkt, …

Mein erster Interviewpartner, Herr Bezirksvorsteher Mag. Kvas ist stolz auf seinen Bezirk, für den er seit 2013 als Bezirksvorsteher da ist und den er kennt … und zwar WIRKLICH kennt. Das kommt wohl daher, dass er die bezirkseigene Zeitung persönlich zu den Menschen bringt – und dabei handelt es sich immerhin um zarte 7.800 Haushalte. Das wiederum führt dazu, dass auch der Bezirk ihn kennt, und zwar WIRKLICH kennt. So wird er auch im Dunkeln von hinten am Rad erkannt und mit „Hallo Herr Bezirksvorsteher!“ begrüßt. Oder seine Sprechstunde wird von LiebenauerInnen spontan in den Supermarkt verlegt, weil man den Herrn BV halt grad an der Kassa trifft.

Als passionierter Radlfahrer („Mein Rad ist mein Cabrio“) radelt er ganzjährig so gut wie alle Strecken und ist stolzer Besitzer von 5 Fahrrädern (alle 7-8 Gang und mit Rücktritt). Falls sich nun jemand fragt, warum 1 Person 5 Fahrräder braucht, so sei dazu erklärt:

2 Radln zum Arbeiten fahren, falls eines kaputt ist

2 Räder mit tiefem Einstieg zum Verteilen der Bezirkszeitung

1 Sonntagsrad zum „tiefenentspannten Umherwandeln“ per Rad

So ist es auch nicht weiter verwunderlich, dass ein Traum von BV Kvas darin besteht, Liebenau zu einem Fahrradbezirk zu machen, in dem in jedem dieser 7.800 Haushalte zumindest ein (verkehrstaugliches) Radl zur Verfügung steht. Bis es aber soweit ist, organisiert der Bezirksrat regelmäßig Fahrradüberprüfungsaktionen.

Da passt es auch gut dazu, dass Herr Mag. Kvas auf die Frage nach seinen Lieblingsplatzlern im Bezirk ohne lange nachzudenken „alles was mit Rad und mit Mur zu tun hat“ antwortet.

Folgt man dem Mur-Radweg Richtung Süden, kommt man an oben erwähnter Gedenkstätte vorbei und an der Siedlung Am Grünanger, in der ich meinen zweiten Interviewpartner, den Franz, treffe. Er wohnt seit zwei Jahren in der Siedlung und kommt seither regelmäßig zum donnerstäglichen Brunch ins Nachbarschaftszentrum am Grünanger, das zum SMZ Liebenau gehört. An diesem Fixtermin am Donnerstag Vormittag treffen sich Bewohnerinnen und Bewohner der Siedlung zum Brunchen, Tratschen, Diskutieren oder einfach nur Dabeisein.

Franz ist sich bewusst, dass sein Haus zu jenen zählt, die als erste demnächst im Zuge des Sieldungsneubaus geräumt werden müssen. Er trägt es mit Fassung und hört sich schon um eine Alternative um, möchte aber unbedingt in dieser Gegend bleiben, weil sie ihm ans Herz gewachsen ist.

Beachtlich ist die Themenvielfalt unseres Gesprächs, bei dem sich auch andere Gäste rege beteiligen. So erfahre ich interessante technische Details aus dem Bereich der Starkstromelektrik, hat doch Franz als gelernter Elektroinstallateur jahrelang als Betriebselektriker der Rüfikopf Seilbahn Lech in schwindelerregender Höhe gearbeitet.

Weiters wird übers Kochen philosophiert und Franz bekennt, dass er nur deshalb zu kochen begonnen hat, um nicht wie sein Cousin zu enden, der – selbst unfähig einen Kaffee zu zubereiten – seine Freundin lediglich aus „kochtechnischen“ Gründen hatte. Franz hingegen kann mit allerlei gefinkelten Expertentricks aufwarten: so schmeckt das Gulasch besser, wenn man schon beim Zwiebelanrösten Speck dazu gibt und mundet der Marmorkuchen noch feiner, fügt man der dunklen Teigmasse 1 EL Kernöl bei. Ich bin auch überrascht, dass Franz sogar das Rezept für meine Lieblingsspeise –  Apfelnockerl – parat hat.

Aber so richtig verblüfft bin ich, als Franz Tante Jolesch ins Spiel bringt und stolz verkündet: ER kenne das Rezept der berühmt-berüchtigten Krautfleckerl… ich glaub´s ihm!

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Von: Heidi

20. Oktober 2020

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