Wir alle haben Angst. Vor Dunkelheit, dem Nachbarshund oder wenn wir im Hochseilgarten mal ganz oben stehen. Sie ist vielfältig. Individuell. Immer irgendwie anders und meist nicht gerade positiv besetzt. Doch Angst, das undeutliche Gefühl des Bedrohtseins, gehört dazu, ist Teil unseres Menschseins. Ohne sie hätten wir Säbelzahntiger, Höhlenlöwe und Co. wohl kaum überlebt. Und auch heute noch schützt uns die Emotion vor so manchem Risiko. In ihrer Warnfunktion stellt sie sich dem Menschen in den Weg, versucht uns von möglichen Gefahren fernzuhalten. Doch sie kann auch mobilisieren, Kräfte freisetzen, uns zu Leistungen treiben, die unter normalen Umständen so wohl kaum möglich wären.

Angst ist nicht gleich Angst
In der Psychologie wird zwischen zwei Arten der Angst unterschieden. Die Berechtigte, die, die vor realen Problemen warnt, dann aufkommt, wenn tatsächlich Gefahr droht. Und die Andere, als  Xenophobie bekannt – eine übertriebene, nicht gerade angemessene Angst vor dem Unbekannten, Fremden. Doch genau diese ist angeboren, war vor vielen hunderttausend Jahren überlebensnotwendig, als die Menschen noch in Stämmen lebten, sich zusammenschlossen, um sich vor Anderen zu schützen. Nur so konnten sie Territorium und Nahrung vor der Konkurrenz verteidigen, ihr eigenes Leben sichern. Heute hat sie an Bedeutung verloren, dennoch ist uns die Fremdenangst geblieben, wird immer noch genetisch weitervererbt. Unbekanntes, Neues verunsichert auch jetzt noch.

Wenn sich zwei Areale streiten
Die Angst vor Fremdem ist eine Art „Urangst“ und sitzt in einem sehr einfach strukturierten Bereich unseres Gehirns. Darin geht es um subjektive Gefühle, Emotionen, weniger um Fakten oder Beweise – das triviale „Xenophobie-Gehirn“ kennt nur Gut und Böse. Für Statistiken, Fakten, das Abwägen unterschiedlicher Meinungen ist ein völlig anderer Teil zuständig. So kommt es, dass sich Menschen in hitzigen Diskussionen und Debatten nur selten durch Fakten überzeugen oder gar umstimmen lassen. Wer zum Beispiel an Flugangst leidet, kann mit Statistiken nur wenig anfangen.

Auch wenn bewiesen ist, dass Flugzeuge zu den sichersten Transportmitteln gehören – die meisten „Flugängstler“ werden dennoch mit mulmigem Gefühl einsteigen. Dasselbe gilt für die Angst vor Terroranschlägen, oder der oftmals aufgebauschten Flüchtlingskriminalität. Auch hier gibt es Daten, Erhebungen, die belegen, dass die Gefahr meist woanders liegt, dass es bei weitem nicht immer nur „die Flüchtlinge“ sind … Dennoch gibt es sie – die unbegründete Angst, das mulmige Gefühl, den zermürbenden „Was-wäre-wenn-Gedanken“. Fühlt sich ein Mensch bedroht, ganz gleich wovon, wird in den meisten Fällen das „Xenophobie-Gehirn“ aktiv, gewinnt die Oberhand, unterdrückt das rationale Areal. Dabei spielt die Intelligenz der Betroffenen keine Rolle. Auch Uniprofessorinnen oder zukünftige Albert Einsteins haben Fremdenangst.

Sie tritt vor allem dann auf, wenn sich uns ein neues Problem in den Weg stellt, das auf den ersten Blick unbezwingbar erscheint. Die Angst lähmt, wir fühlen uns machtlos, völlig überrumpelt. Meistens jedoch legt sich das Gefühl mit der Zeit. Der Mensch ist ein Gewohnheitstier, anpassungsfähig, kann sich auch mit den schlimmsten Situationen vertraut machen. Nicht ohne Grund, gehen Menschen nach Katastrophen auch irgendwann wieder zur Tagesordnung über, versuchen, sich damit zu arrangieren. Doch es ist nicht nur die Zeit, die Fremdenangst bezwingen kann. Auch die direkte Konfrontation ist ein möglicher Weg. Wer zum Beispiel Angst vor anderen Kulturen, Sitten, Menschen fremder Länder hat, kann versuchen, Kontakt mit eben diesen aufzunehmen, hinter die Kulissen zu blicken. Wie leben sie? Was macht den Unterschied? Und wo gibt es vielleicht doch Ähnlichkeiten. Andersartigkeit ist nicht automatisch negativ, sie kann auch bereichern, den Blick erweitern, völlig neue Dinge entstehen lassen.

Wenn Kinder Zuhause mit ihrer Familie neben Deutsch auch Englisch, Spanisch oder gar Italienisch sprechen, ist das schicklich und entspricht unserem anerkannten Bild der Mehrsprachigkeit. Doch wehe, die Erst- oder Zweitsprache ist eine andere. Arabisch oder Türkisch zum Beispiel. Dann fällt das Wort „nicht integrationswillig“ doch sehr schnell. Seit wann machen Sprachen den alles entscheidenden Unterschied? Wann haben wir begonnen, Sprachen zu klassifizieren?

Es ist also wichtig, offen zu sein. Nicht nur im Urlaub, dann wenn fremde Kulturen, Feste, Traditionen mit einem Mal aufregend, erfrischend, schön sind. Auch Zuhause, im eigenen Land, der eigenen Stadt werden wir immer wieder auf Menschen treffen, die so Manches anders machen. Doch genau das kann auch den eigenen Horizont erweitern, einen Austausch möglich machen, also lasst uns neugierig sein!

Quellen
Fremdenangst steckt in jedem von uns
Wieso wir Angst vor dem Fremden haben
Angst – Planet Wissen
Was bedeutet Xenophobie

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Von: Biene

4. Dezember 2018

Bild: Grafik: Christina Hauszer

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