Pandemie divers
Die Pandemie bedroht insbesondere indigene Völker
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In Österreich, wie auch in vielen anderen Ländern, wurden strenge Maßnahmen ergriffen, um die Zahl der Coronainfizierten niedrig genug zu halten, damit das Gesundheitssystem nicht überlastet wird. An Corona Erkrankte müssen nach einem positiven Test auf das Virus zuhause bleiben, besonders ernste Fälle werden auf der Intensivstation behandelt. Während es bei uns jedoch bisher keine medizinischen Engpässe gab und dem Großteil der Bevölkerung der Zugang zu adäquater Versorgung bei einer Infektion möglich ist, sieht es bei Völkern in anderen Teilen der Welt, namentlich indigenen Völkern, bei denen sich das Coronavirus rasend schnell verbreitet, um einiges tragischer aus.
Besonders heftig betroffen ist hierbei etwa das Amazonasgebiet. Alleine in Brasilien schon stößt man auf schockierende Zahlen, wenn man indigene Völker in Zusammenhang mit dem Coronavirus betrachtet: Mindestens 78 solcher Völker sind inzwischen vom Virus betroffen, wobei es insgesamt mehr als 3600 Infizierte gibt. Auch mindestens 249 Tote mussten die indigenen Völker verzeichnen – und dies sind bloß die Zahlen zu denjenigen indigenen Völkern Brasiliens, zu denen Informationen vorhanden sind. Auch in Peru sieht die Lage äußerst düster aus: Dort ringen derzeit 2191 bekannte Infizierte mit dem Virus, während es 349 Coronatote zu beklagen gibt. Damit sind mehr als 50% der jüngsten Todesfälle in Peru dem Coronavirus zuzuschreiben. Zwar versuchen viele der indigenen Völker nun, sich weiter zurückzuziehen und Personen von außerhalb den Zutritt zu ihren Dörfern zu verwehren, können allerdings gewisse Eindringlinge wie etwa Goldsucher oder Holzfäller dennoch nicht fernhalten. (Hier lässt sich eine Petition für das Volk der Yanomami finden, deren Ziel es ist, Sofortmaßnahmen der Regierung einzufordern, die die Entfernung aller Goldsucher bewirken sollen, die sich derzeit noch auf indigenem Land aufhalten.) Je weiter sich das Virus etwa über solche Wege ins Innere des Amazonasgebiets ausbreitet, desto katastrophaler wird die Situation: Dort stehen nämlich keine Kameras oder Reporter bereit, die über die hohen Infektionszahlen berichten, die stattdessen komplett still in die Höhe schießen.
Einer der Hauptgründe für diese hohe Anfälligkeit der indigenen Völker für das Coronavirus ist der, dass diese durch ihre häufig isolierte Lebensweise mit vielen der Viren, die bei uns schon lange im Umlauf sind (wie etwa das Grippevirus), nicht in Berührung kommen. Somit besitzen sie eine Mehrzahl der Antikörper nicht, die ihre Körper bei einer Infektion mit einem dieser Viren bilden würden. Doch auch, wenn bereits eine gewisse Immunität gegenüber einigen der bei uns gängigen Viren besteht, gibt es weitere Probleme: Zunächst einmal mangelt es indigenen Völkern häufig an grundlegenden Mitteln zu Präventivmaßnahmen – Seife und Desinfektionsmittel sind beispielsweise nicht überall vorhanden, wo sie dringend benötigt werden. Außerdem haben sie – wenn überhaupt – meist nur sehr eingeschränkten Zugang zum Gesundheitssystem und kaum eine Chance, zu lebensrettenden Instrumenten wie etwa Beatmungsgeräten zu gelangen, die auf den Intensivstationen stehen. Sollten indigene Völker tatsächlich die Möglichkeit haben, medizinische Leistungen in Anspruch zu nehmen, so ist oft das Personal in den betreffenden Einrichtungen nicht ausreichend, um alle Bedürftigen zu versorgen. Auch Kommunikation kann ein Problem darstellen, sollten die Erkrankten außer ihrer womöglich kaum verbreiteten Sprache keine weitere beherrschen, die auch im Rest des Landes von vielen Leuten gesprochen wird. Nicht nur das, auch ihre Abstammung kann zusätzliche Probleme bedeuten: Auch der Gesundheitssektor ist oft nicht frei von Vorurteilen und diskriminierender Behandlung.
Es wurden zwar Schritte unternommen, die im Interesse der indigenen Völker sein sollen, wie etwa Anweisungen, die die Regierung und Gesundheitsorganisationen befolgen sollen – diese reichen aber bei weitem nicht aus, um sie vor schweren Folgen der Pandemie zu schützen, da sie nicht überall verwirklicht werden werden. So sollen etwa Vertreter der Völker in Zusammenkünften bezüglich des Coronavirus und des Umgangs damit einberufen werden. Informationen und Materialien, die die Vertreter bei solchen Meetings erhalten, sollen bei Möglichkeit in die Sprache der indigenen Völker übersetzt oder zumindest auf visuelle Weise verständlich dargestellt werden, um zu garantieren, dass die bestmöglichen Maßnahmen zum Schutz gegen das Virus getroffen werden können. Außerdem wurden auch Gesundheits- und Hilfsorganisationen dazu aufgefordert, indigene Völker auf die Liste derjenigen zu setzen, die notwendige Utensilien zur Prävention, wie etwa Desinfektionsmittel und Masken, erhalten sollen (Ärzte ohne Grenzen versuchen etwa, mithilfe eines kleinen Flugzeugs von Greenpeace Hilfspakete in entlegenere Gebiete zu bringen). Auch die Regierungen sind aufgefordert dazu, indigenen Völkern genauso wie den übrigen Bürgern die Möglichkeit zu geben, sich auf Corona testen zu lassen und bei Bedarf Zugriff auf das Gesundheitssystem zu erhalten.
Die momentane Pandemie ist jedoch nicht die erste bekannte Krankheitswelle, die so verheerend über die indigenen Völker hereinbricht: Auch zu Zeiten der Kolonialisierung sind Fälle dergleichen aufgetreten. Mehr dazu im Beitrag der nächsten Woche.
Quelle:
https://www.diepresse.com/5814644/bereits-38-indigene-volker-in-brasilien-von-corona-betroffen
https://news.mongabay.com/2020/06/brazils-indigenous-hit-especially-hard-by-covid-19-why-so-vulnerable/
https://www.opendemocracy.net/en/democraciaabierta/la-covid-19-ya-afecta-a-93-nacionalidades-indigenas-en/
https://www.zeit.de/2020/22/indigene-voelker-coronavirus-amazonas-regenwald-latainamerika
https://www.un.org/development/desa/indigenouspeoples/covid-19.html
http://www.fao.org/indigenous-peoples/covid-19/en/
https://www.br.de/nachrichten/deutschland-welt/corona-bedroht-indigene-voelker-stille-katastrophe-im-urwald,S16obic
https://www.gfbv.at/solidaritaet-mit-den-voelkern-amazoniens/?mc_cid=80d1297427&mc_eid=915ac49a4e
Von: Miriam
9. Juli 2020
Bild: ©Hans Schwarzkopf auf Pixabay
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