FRIEDENS- UND GEDENKDIENER MIT EINEM STIPENDIUM DER STADT GRAZ
Friedensdienst in Osijek
Unser Blog
Als “kleine Botschafterin Österreichs” in einem anderen Land die Republik Österreich zu repräsentieren, wertvolle Fähigkeiten und Erfahrungen zu sammeln, und einen Beitrag zur Gesellschaft zu leisten – dies war zunächst alles, was ich wusste und was ich wissen musste, um mein Interesse für einen Auslandsdienst zu wecken. Die Aussicht auf neue Erfahrungen, persönliches Wachstum und das Kennenlernen einer anderen Kultur motivierte mich jedoch schließlich, den Schritt zu wagen und mich auf dieses Abenteuer einzulassen. Konkret führte mich mein Weg in „das Herz Slawoniens“, nach Osijek. Dort durfte ich, 10 Monate lang, beim Center for Peace, Non-Violence and Human Rights (CPO) arbeiten und einen Beitrag zur Friedenskonsolidierung und zum gesellschaftlichen Mehrwert in Kroatien leisten.
Das Center for Peace, Non-Violence and Human Rights Osijek (CPO) ist eine Non-profit Organisation, die sich auf die Schaffung von Frieden, den Schutz und die Förderung von Menschenrechten und Freiheiten, sowie auf gewaltfreie Methoden der Konfliktlösung auf individueller, gruppenbezogener und politischer Ebene konzentriert. Ziel der Gründung 1992, war vor allem der Beitrag zur Schaffung eines nachhaltigen Friedens in den vom Krieg zerrütteten Regionen Kroatiens.
Von Tag eins an weg wurde ich aktiv in das Team und die Tätigkeiten des CPO miteingebunden. Ich erhielt spannende Aufgaben, wie z.B. Projekt- und Rechtsrecherchen, wurde zu Konferenzen geschickt, wo ich als Vertreterin des CPO auftreten durfte, und konnte an verschiedenen Workshops (z.B. Workshop “Implementation of ECtHR judgments and writing of Rule 9 submissions” oder “Prevention of gender-based violence” [Let’s stop violence against women and violence within the household]) teilnehmen. Hauptsächlich eingesetzt wurde ich aber, aufgrund meiner Kroatischkenntnissen auf Muttersprachenniveau, in dem Monitoring von Kriegsverbrechenverhandlungen.
Dieses war für mich als Juristin besonders interessant, da diese Verhandlungen, fast 30 Jahre nach dem Krieg, äußerst komplex sind und mit einer Vielzahl von rechtlichen und politischen Herausforderungen verbunden sind. So entziehen sich Angeklagte im Ausland oft der kroatischen Justiz, erhalten in dem jeweiligen Land die Staatsbürgerschaft und werden selten bis gar nicht ausgeliefert. Dies führt zu Verfahren in Abwesenheit, die jedoch neu aufgerollt werden müssen, falls es doch zu einem aufgreifen der Person kommt.
Besonders große Schwierigkeiten gibt es im Beweisverfahren, da materielle Beweise oft fehlen oder selten verfügbar sind und Zeugen entweder verstorben oder erkrankt sind und nicht an den Verhandlungen teilnehmen können. Viele Zeugen versuchen, die Kriegsverbrechen zu vergessen und reagieren widerwillig auf Ladungen des Gerichts. Auch die vergangene Zeit spielt eine erhebliche Rolle, da es oft schwierig ist, den Angeklagten zu erkennen oder sich an seinen genauen Namen zu erinnern.
Es war faszinierend und zugleich herausfordernd, zu sehen, dass es bei diesen Prozessen nicht nur um die Aufklärung von Verbrechen, sondern auch um die Bewältigung der Vergangenheit, die Versöhnung der betroffenen Gemeinschaften und die Stärkung des Rechtsstaats geht und dass die Republik Kroatien seine Verantwortung diesbezüglich ernst nimmt und mit Entschlossenheit und Weitblick in alle Richtungen agiert.
Abgesehen von all der arbeitstechnischen Erfahrungen hatte ich die wertvolle Möglichkeit, neue Menschen kennenzulernen und Freundschaften zu schließen. Ich habe unvergessliche Erinnerungen geschaffen, die mich als Person stark geprägt und weiterentwickelt haben. Ich habe ein Land entdeckt, welches hauptsächlich für seine Küste, seine exquisiten kulinarischen Genüsse und seine gastfreundlichen Menschen bekannt ist, aber im Endeffekt so viel mehr zu bieten hat und dass einen seine tief verwurzelte Liebe zur Heimat, an jeder Ecke spüren lässt.
Ich bin daher äußerst dankbar für den Auslandsdienst und die Stadt Graz, die mich großzügig mit einem Stipendium unterstützt hat und mir die Möglichkeit geboten hat, mich vollkommen auf meinen Auslandsdienst zu konzentrieren und das Beste aus dieser Erfahrung herauszuholen.
Danke!
Autorin: Michaela Franjo, 28 Jahre alt
Aufenthaltsdauer: 10 Monate
Einsatzland: Osijek, Kroatien
Fotos: Michaela Frano
Von: Gast
7. September 2023
Bild: Michaela Franjo
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