Österreichische Neutralität
Macht Österreichs Neutralität noch Sinn? – Diskussionspunkte
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Seit Beginn des Ukraine-Kriegs wird international zunehmend Kritik an der österreichischen Neutralität ausgeübt – so wird etwa hinterfragt, ob Österreich denn tatsächlich neutral bleiben kann, oder gefordert, dass Österreich härter gegen Russland vorgeht. Auch Österreichs neue Sicherheitsstrategie, die eine engere Zusammenarbeit des Bundesheeres mit der Nato vorsieht, ist vielfach auf Kritik gestoßen, etwa bei der SPÖ und der FPÖ. Im letzten Beitrag haben wir uns daher genauer angesehen, was Österreichs Neutralität bedeutet, sowie auch, was sie eben nicht bedeutet. Jetzt, wo die Definitionen aus dem Weg geräumt wurden, drängt sich nun jedoch eine andere Frage auf: Macht Österreichs Neutralität in der Gegenwart denn überhaupt noch Sinn?
Ganz so einfach ist das natürlich nicht zu beantworten – immerhin spricht so einiges für wie auch gegen die Neutralität Österreichs. Fest steht auf jeden Fall, dass sich seit Beschluss der Neutralität die ursprünglichen Rahmenbedingungen der Außen- und Sicherheitspolitik durchaus gravierend verändert haben. So befindet sich Österreich schon seit geraumer Zeit nicht mehr an der Grenze rivalisierender Machtblöcke (ist nun also nicht weiter ein „Trennraum“, sondern ein „Binnenraum“), die Rolle der USA als internationale Führungsmacht ist zunehmend ungewisser, und schließlich wurde auch 2007 im Vertrag von Lissabon das Solidaritätsprinzip der EU im Rahmen der Gemeinsamen Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik festgehalten. Letzteres besagt, dass im Falle eines bewaffneten Angriffs auf einen Mitgliedstaat die anderen Mitgliedstaaten diesem „alle in ihrer Macht stehende Hilfe und Unterstützung“ schulden.
Generell gilt es, sich mit folgenden vier Punkten zu beschäftigen, wenn man eine Debatte über Österreichs Neutralität führen möchte: Inwiefern ist die Neutralität ein staatliches Instrument (Beispiel: Wie trägt die Neutralität Österreichs zur Wahrung der Unabhängigkeit und Sicherheit bei)? Inwiefern ist sie ein staatliches Grundprinzip (Beispiel: Welche politischen Gruppen sind Träger des Prinzips)? Inwiefern ist sie ein gesellschaftlicher Bezugspunkt (Beispiel: Welche Wirkung hat die Neutralität auf die Gesellschaft)? Und inwiefern ist sie ein Konfliktpunkt mit anderen Bereichen der Außen- und Sicherheitspolitik (Beispiel: Welche Spannungen ergeben sich aufgrund der Neutralität)? Dabei sollten nicht nur Praktiker:innen und Expert:innen zu Wort kommen, sondern auch die Bevölkerung, die es hinsichtlich der Bedeutung der Neutralität ausreichend zu informieren gilt. Dies könnte beispielsweise durch öffentliche Debatten von Fachleuten geschehen, für die die Bürger:innen auch selbst Themenvorschläge und Fragen einreichen können.
Quellen:
Innsbruck University Press. (2024). Zustand und Zukunft der österreichischen Neutralität: Eine Auseinandersetzung (Vol. 53, Special issue). OZP – Austrian Journal of Political Science. https://doi.org/10.15203/4173.vol53.2024
Innsbruck University Press. (2024). Zustand und Zukunft der österreichischen Neutralität: Eine Auseinandersetzung (Vol. 53, Special issue). OZP – Austrian Journal of Political Science. https://doi.org/10.15203/4171.vol53.2024
https://www.derstandard.at/story/3000000232956/wohin-geht-es-mit-oesterreichs-neutralitaet
Von: Miriam
24. Oktober 2024
Bild: Schwoaze, CC0, via Wikimedia Commons
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