Der Weg, auf dem Leute sich in den Ideologien einer Sekte verlieren, ist kein zufälliger, wie wir bereits letzte Woche festgestellt haben. Ganz im Gegenteil: Dieser ist nämlich von der jeweiligen Sekte bis ins kleinste Detail geplant und zielt darauf ab, die Betroffenen durch Indoktrination zu devoten Anhänger:innen zu machen. Dabei sind sich die Sekten oft kaum einer Methode zu schade, um die Abhängigkeit und die daraus folgende Gefügigkeit der neuen Mitglieder zu erreichen.

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Auf die Einführung in die Heilslehre folgt die Einbindung in die Gruppe – der vermutlich heikelste und komplizierteste Schritt für die Sekte. Nun geht es nicht mehr bloß darum, die Betroffenen vorsichtig mit den Ideologien vertraut zu machen, sondern darum, sie in den Alltag der Sekte einzuführen. Ob nun Missionstätigkeit, Beschaffen von Geld oder Rituale: Jetzt zeigt sich das wahre Gesicht der Sekte, wenn die Neuankömmlinge deren Ansprüchen nicht gerecht werden. Schaffen diese es nämlich nicht, all den Anforderungen der Gruppe ausreichend nachzukommen, so müssen sie mit moralischen Druckmitteln, Entzug der zuvor so stark gezeigten Liebe oder auch mit Ausgrenzung rechnen. Bringen es die neuen Mitglieder jedoch zustande, die Sekte zufrieden zu stellen, so ist ihnen das Gefühl der Geborgenheit garantiert, das sie zuvor zur Gruppe hingezogen hat.

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Ist die Einbindung dann schließlich erfolgreich gewesen, geht es weiter zur nächsten Stufe der Indoktrination: Der Entfremdung von der Umwelt und der Isolation. Zwar bemüht sich eine Sekte meist schon in den vorherigen Phasen darum, die neuen Anhänger:innen von ihrem sozialen Umfeld zu entfremden, so richtig Gas gibt sie dann allerdings erst in diesem Schritt. Sämtliche unerwünschten Einflüsse und kritische Stimmen der Außenwelt sollen durch die Isolation der Neuankömmlinge von ihren engsten Bezugspersonen vermieden werden, um die Betroffenen voll und ganz für die Sekte zu gewinnen. Dazu ist der Sekte nahezu jedes Mittel recht. Bisherige Lebenserfahrungen werden in dieser Phase beispielsweise so schlecht geredet, dass die neuen Anhänger:innen sich fast schon dazu gezwungen fühlen, ihr früheres Leben aus ihrem Gedächtnis zu verdrängen, um sich nicht ständig als Sünder:innen zu fühlen. Auch hohe Arbeitsbelastung ist ein beliebtes Mittel unter den Sekten, um die Betroffenen von ihrer Umwelt abzuschotten und zu isolieren. Einige Sekten versetzen ihre Mitglieder sogar ins Ausland, um sie auch durch räumlichen Abstand von nahestehenden Personen zu trennen. Bei Beziehungen zu Außenstehenden sind Sekten häufig gnadenlos: Lässt sich eine Person, beispielsweise der oder die Lebenspartner:in, nicht von den Ideologien der Sekte überzeugen und weigert sich, dieser anzuschließen, so setzt die Gruppe alles daran, die Beziehung zu trennen.

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Ist das alles geschafft, tritt die letzte Phase der Indoktrination ein: Die Festigung der Heilslehre. Hier geht es darum, die Bewusstseinskontrolle und die Abhängigkeit von der Sekte zu stärken. Die größte Gefahr – dass sich die ursprüngliche Identität der Betroffenen durch Erinnerungen an die Vergangenheit, Familie und Freunde wieder einstellt – soll durch sich unendlich oft wiederholende Rituale und stetige Überforderung durch Arbeit gebannt werden. Wie auch bereits im vorherigen Schritt bemüht sich die Sekte sehr darum, die neuen Anhänger:innen dazu zu bringen, jeden Gedanken an ihre Vergangenheit und frühere zwischenmenschliche Beziehungen mit starken Schamgefühlen zu verbinden. Ist dies schließlich der Fall, so ist die Indoktrination der Betroffenen erfolgreich für die Sekte verlaufen.

Quellen:
https://www.grin.com/document/94975
https://de.slideshare.net/goodjohn82/prdispositionen-von-sektenmitgliedern-methoden-der-indoktrination-und-psychologische-erklrungen-11385245

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