GEDENKSTÄTTE
Lager Liebenau – ein Ort des Gedenkens
Unser Blog
In Graz bestand während der NS-Zeit eine Vielzahl von Lagern, in denen ausländische Zwangsarbeiter:innen und Kriegsgefangene festgehalten wurden. Eines davon war das Lager Liebenau, das vor allem durch die Bauarbeiten zum Murkraftwerk vermehrt zum Gesprächsthema wurde, bei denen Mauerteile und auch eine Treppe ausgehoben wurden.
Das ehemalige „Lager V“ war während der Zeit des NS-Regimes das größte in Graz. Dieses wurde 1940 zunächst als „Umsiedlerlager V“ gegründet, in dem jene Deutsche unterkamen, die aufgrund der neuen Grenzziehungen in Folge des Hitler-Stalin-Pakts ihre Heimat aufgeben mussten. Bis Spätherbst desselben Jahres hatten die deutschen Umsiedler das Lager jedoch verlassen, das daraufhin zur Unterkunft für Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter:innen aus der Sowjetunion, Frankreich und Italien wurde.
Zwischen 1942 und 1945 mussten jene mehrere tausend Menschen, die in den 190 Holzbaracken zusammengepfercht wurden, für die deutsche Kriegsproduktion in der Steyr-Daimler-Puch-Fabrik schuften und dabei üble Diskriminierung und Ausbeutung über sich ergehen lassen.
Besonders grausame Vorfälle ereigneten sich im „Lager V“ im Jahr 1945. Da die Rote Armee immer näher rückte, wurden sämtliche jüdische Zwangsarbeiter:innen, die zuvor an der Errichtung des Südostwalls arbeiten mussten, „evakuiert“, um zu verhindern, dass die Häftlinge in die Hände der Aliierten kamen. Aus diesem Grund wurden jene der Häftlinge, die nicht in der Lage waren, zum Marsch aufzubrechen, noch vor Ort oder entlang der Route erschossen, weshalb diese Märsche auch als Todesmärsche bezeichnet werden. Das zu diesem Zeitpunkt aufgelassene Zwangsarbeiterlager Liebenau diente als Zwischenstation für jene ungarisch-jüdischen Zwangsarbeiter:innen, die sich am Todesmarsch vom Südostwall Richtung Mauthausen und Gunskirchen befanden.
Es wird geschätzt, dass etwa 7000 bis 9000 Menschen auf diesem Weg das Lager Liebenau durchquerten. 1947 wurden bei Exhumierungen 53 Leichen gefunden, bei späteren Bauarbeiten für den Kindergarten in der Andersengasse stieß man auf zwei weitere Todesopfer. Mindestens 34 von ihnen wurden im April 1945 erschossen, wobei diese Exekutionen in enger Verbindung mit den Geschehnissen in der SS-Kaserne Graz Wetzelsdorf und dem Feliferhof in Zusammenhang stehen dürften. Viele weitere Menschen fielen Krankheiten und mangelnder Verpflegung zum Opfer. Obgleich die benötigten medizinischen Mittel zur Verfügung standen, weigerte sich die Lagerleitung, diese den Kranken verabreichen zu lassen.
Inzwischen kann man nur mehr erahnen, wie das ehemalige „Lager V“ einst ausgesehen haben muss und was für Leid dort stattgefunden hat. Damit die Geschichte des Ortes nicht in Vergessenheit gerät, befindet sich an der Stelle, wo sich früher der „Puch-Steg“, den die Zwangsarbeiter:innen des Lagers jeden Tag am Weg in die Fabrik überqueren mussten, eine sogenannte „Stolperschwelle“, die die Opfer der NS-Zeit vor dem Vergessen bewahren soll. Außerdem befindet sich am Grünanger eine Gedenktafel, die die Geschehnisse der Vergangenheit in Erinnerung ruft und auch zum digitalen Rundgang einlädt, der mehr Details über das Lager Liebenau bietet. Vor dem Rathaus der Gemeinde Gratkorn wurde weiters 2016 eine Gedenkstätte an die auf dem Todesmarsch nach Mauthausen im Raum Gratkorn von der SS ermordeten ungarischen Jüdinnen und Juden errichtet.
Quellen:
https://www.stolpersteine-graz.at/home/stolperschwelle-lager-liebenau/
https://www.derstandard.at/story/2000139623856/ns-lager-liebenau-licht-auf-verbrechen-in-der-endphase-und
https://www.meinbezirk.at/graz/c-lokales/neue-archaeologische-funde-im-lager-liebenau_a5519323
https://www.graz.at/cms/ziel/10551550/DE
https://gedenken-liebenau.at/gedenkinitiative-graz-liebenau.phtml
https://www.grazmuseum.at/ausstellung/lager-liebenau/
https://davidkultur.at/artikel/gedenkstein-in-gratkorn-enthullt
Von: Miriam
21. September 2023
Bild: Clemens Mosch, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons
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Dr.Sigfried Uiberreither (1908-1984),ab1947
Tarnname Friedrich Schönharting , war Gauleiter und Reichsstatthalter der Steiermark.Als Reichsverteidigungskommissar war er verantwortlich für den Bau des „Südostwalles“ an der Grenze der Steiermark.Ab April 1945 waren die Gauleiter für die „Evakuierung“(Todesmärsche) der ungarischen ZwangsarbeiterInnen nach Mauthausen verantwortlich.
Dr.Sigfried Uiberreither stirbt am 29.12.1984 in Sindelfingen (Deutschland) ohne je vor Gericht gestellt worden zu sein.