Männer und mentale Gesundheit
„Icks“ – Wie man Mannsein „falsch“ machen kann
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„New ick unlocked“ – „Neues ‚Igitt‘ gefunden“ oder so ähnlich könnte man übersetzen, was eine TikTokerin in einem Shortclip äußert. Was sie damit meint? Ihren Freund, der enthusiastisch einen Hund streichelt und sich scheinbar sehr begeistert mit diesem unterhält. Eigentlich ein sehr alltägliches Szenario, bei dem offen positive Gefühle gezeigt werden. Genau über dieses Verhalten macht sich die TikTokerin nun aber lustig – und trägt damit nicht unbedingt dazu bei, dass Männer sich dazu ermutigt fühlen, ihre Gefühle ohne Zurückhaltung zu zeigen.
Wie so oft ist auch Social Media auch diesmal nicht ganz unschuldig dabei, was das Kreieren von Erwartungen, Ansprüchen und Idealen für Männer angeht. „Icks“ oder auch ganze „Ick Lists“, bei denen Frauen wie oben in der Einleitung darüber reden, was sie an Männern alles so stört, kursieren beispielsweise derzeit in den sozialen Medien zur Genüge. Einige dieser „Icks“ sind dabei durchaus gerechtfertigt, beispielsweise solche, in denen toxisches Verhalten wie etwa das Ignorieren oder sogar Bloßstellen der eigenen Freundin in Anwesenheit der männlichen Kumpels angesprochen wird. Viele dieser „Icks“ thematisieren sehr oberflächliche oder materielle Punkte wie etwa Körpergröße, Frisur, Handyhersteller oder Automarke – alles Sachen, die durchaus einen Stich versetzen können, gleichzeitig aber immer noch nicht der schlimmste Teil an dem Trend sind.
Andere dieser „Icks“ nämlich, die sehr oft Männer meinen, die einfach gerade Spaß am Leben haben oder sich etwas ungeschickt bei einer Tätigkeit anstellen, senden ein sehr falsches Signal: „Ein Mann hat keine Gefühle oder Schwäche zu zeigen“. Ob ein Mann nun etwas unbeholfen auf einem Pferderücken auf- und abgebeutelt wird, ob ein Mann begeistert mit einem Fernrohr die Umgebung betrachtet, ob ein Mann munter durch die Gegend radelt – „Ick“. Und alles, das auch nur irgendwie feminin wirken könnte, vom Shampooduft bis hin zum Alkoholgeschmack, natürlich ebenfalls – „Ick“. Hier werden Unmengen an Richtlinien, nahezu schon ein Regelwerk, festgelegt, wie Männer eben NICHT zu sein haben, um als „richtige“, begehrenswerte Männer zu gelten.
Fest steht, dass all dies alles andere als hilfreich dabei ist, Männer dazu zu ermutigen, sich zu trauen, Gefühle und Schwäche zu zeigen. Wenn es immerhin schon so ein großes „Ick“ ist, Freude zu äußern, wie sieht es dann mit Niedergeschlagenheit oder sogar Traurigkeit und Tränen aus? Wenn es schon als „Ick“ gilt, einer „peinlichen“ Tätigkeit wie dem ersten Mal Pferdereiten nachzugehen, wie steht es dann mit noch viel verwundbareren Wagnissen wie einer Therapie? Konfrontiert mit solchen Messages von außen ist es zumindest kein Wunder, dass sich viele Männer davor scheuen, offen mit ihren Problemen umzugehen und den Mut dazu zu fassen, auch tatsächlich Hilfe zu suchen, um an diesen zu arbeiten.
Von: Miriam
19. September 2024
Bild: Bild von Josh Withers auf Unsplash
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