Vergessene Kriege

Myanmar_Border_Guard_Police_Observing_the_Bangladesh_Border
Foto: Voice of America, Public domain, via Wikimedia Commons
Myanmar – ein Bürgerkrieg verschlingt sein Volk
Unser Blog
Krieg ist ein Thema, das die ganze Welt beschäftigt. So sind derzeit vor allem der Ukraine-Krieg und der Krieg zwischen Israel und Palästina sehr prominent in den Medien. Es gibt allerdings auch Kriege, denen nicht die gleiche Aufmerksamkeit zukommt. Mit genau solchen Konflikten wollen wir uns in dieser Beitragsreihe auseinandersetzen.
Einer dieser Orte, an denen abseits des Scheinwerferlichts ein Krieg wütet, ist Myanmar. Dort hätte eigentlich im Jahr 2021 mit 1. Februar eine neue Legislaturperiode des dortigen Parlaments anfangen sollen, nachdem im November des Vorjahres die Nationale Liga für Demokratie (NLD) von Aung San Suu Kyi im 258 der Sitze im Oberhaus und 138 der Sitze im Unterhaus gewinnen konnte. Das Militär reagierte darauf mit Anschuldigungen von Wahlbetrug, kurz darauf wurden Aung San Suu Kyi, Staatspräsident Win Myint und weitere Politiker in Führungspositionen der NLD verhaftet und ein landesweiter Notstand ausgerufen. Myint Swe, der bis dorthin Vizepräsident war, wurde zum Übergangspräsidenten erhoben, die tatsächliche Macht lag jedoch beim Armeechef Min Aung Hlaing. Nur wenige Tage später entstand eine Protestbewegung, die sich gegen die Machtergreifung des Militärs und für das Bestehen der Demokratie einsetzte. Die ursprünglichen gewaltfreien Massenproteste der Bevölkerung wurden jedoch brutal niedergeschlagen.
Aung San Suu Kyi & Min Aung Hlaing
Chainwit., CC BY-SA 4.0 <https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0>, via Wikimedia Commons
Seit dem Militärputsch am 1. Februar 2021 herrscht in Myanmar ein gewaltsamer Bürgerkrieg zwischen der Militärjunta (State Administration Council, SAC) und einer Vielzahl von Widerstandsgruppen. Zu diesen zählen die Exilregierung „National Unity Government“ (NUG), die von Abgeordneten der gestürzten NLD gegründet wurde, sowie demokratisch orientierte Bewegungen und ethnische bewaffnete Gruppen wie die Kachin Independence Army (KIA), die Karen National Liberation Army (KNLA) oder die Chin National Army (CNA). Viele dieser Gruppen kündigten nach dem Putsch ihre bestehenden Waffenstillstände mit dem Militärregime auf. Vor allem junge Menschen schließen sich den sogenannten People’s Defence Forces (PDF) an, dem militärischen Arm der NUG, die sich in verschiedenen Regionen gegen die Junta organisiert haben.
Seit Oktober 2023 hat sich die militärische Lage weiter zugespitzt: Die drei ethnischen Gruppen Arakan Army (AA), Myanmar National Democratic Alliance Army (MNDAA) und Ta’ang National Liberation Army (TNLA) gründeten die „Three Brotherhood Alliance“ und starteten die großangelegte „Operation 1027“, bei der sie strategisch wichtige Gebiete im Bundesstaat Shan angriffen und teilweise einnahmen. Diese Offensive stärkte die Zusammenarbeit unter den verschiedenen bewaffneten Gruppen, was zum Ergebnis hatte, dass das Militär aktuell nur mehr einen Bruchteil des Landes kontrolliert.
MPATV, CC BY 3.0 <https://creativecommons.org/licenses/by/3.0>, via Wikimedia Commons
Über 3,5 Millionen Menschen in Myanmar wurden insbesondere in den Regionen Sagaing, Rakhine, Kachin und Kayah vertrieben, zehntausende Zivilist:innen wurden getötet, und Infrastruktur wie Schulen, Krankenhäuser oder Wohnviertel fielen massiver Zerstörung zum Opfer. Um die 1,5 Millionen Flüchtlinge und die sie aufnehmenden Gemeinschaften zu unterstützen, bräuchte die UNHCR im Jahr 2025 insgesamt etwa 383 Millionen Dollar, allerdings konnten bisher nur 30 Prozent dieses Betrags erhalten werden. Diese düstere humanitäre Lage, die durch Einschränkungen der finanziellen Unterstützung immer weiter verschlimmert wird, treibt mehr und mehr Menschen dazu, äußerst riskante Fluchtrouten auf sich zu nehmen, um Sicherheit, Schutz und ein würdevolles Leben für sich und ihre Familien zu suchen.
Im Mai 2025 kam es zu zwei tragischen Bootsunglücken im Golf von Bengalen, bei denen insgesamt etwa 427 Rohingya-Flüchtlinge ums Leben kamen oder vermisst werden. Diese Ereignisse gelten als die bisher tödlichsten für Rohingya-Flüchtlinge in diesem Jahr. Die UNHCR warnt, dass fast jeder fünfte Mensch, der 2025 eine gefährliche Seereise unternimmt, als tot oder vermisst gemeldet wird. Dies macht die Gewässer des Andamanischen Meeres und des Golfs von Bengalen zu den tödlichsten weltweit für Flüchtlinge. Angesichts dieser alarmierenden Entwicklungen appelliert die UNHCR an die internationale Gemeinschaft, die finanzielle Unterstützung zu erhöhen und Maßnahmen zu ergreifen, um durch dringende und koordinierte humanitäre Hilfe weitere Tragödien zu verhindern.
Quellen:
https://www.bpb.de/kurz-knapp/hintergrund-aktuell/327681/militaerputsch-in-myanmar/4
https://www.focus.de/panorama/welt/buergerkrieg-in-myanmar-die-welt-sieht-weg-trotz-50-000-todesopfern_id_259627310.html
https://www.friedensbildung-bw.de/myanmar-konflikt#c95587
https://www.unhcr.org/us/news/press-releases/unhcr-fears-extreme-desperation-led-deaths-427-rohingya-sea
https://data.unhcr.org/en/situations/myanmar
https://reporting.unhcr.org/operational/situations/myanmar-situation
https://www.reuters.com/world/asia-pacific/extreme-desperation-may-have-led-400-rohingya-refugees-dying-sea-un-agency-says-2025-05-23/